Gute Reise mit den EDI-Standards
Nützliche Hintergrund-Infos über das „Esperanto des 21. Jahrhunderts“
Haben Sie schon einmal nach EDI-Standards gegoogelt? Dann sind Sie wahrscheinlich auf Begriffe wie EDIFACT, EANCOM, ODETTE, oder GS1 XML gestoßen. Und womöglich sind Sie dann aus den Erklärungen nicht richtig schlau geworden. Keine Sorge, so kompliziert ist das alles gar nicht. Stellen Sie sich EDI-Standards einfach wie Sprachen vor, mithilfe deren die ERP-Systeme von Unternehmen, die Elektronischen Datenaustausch von Geschäftsdokumenten (EDI) betreiben, auf der ganzen Welt kommunizieren können. Begleiten Sie mich als Ihr persönlicher „Dolmetscher“ auf einer „EDI-Sprachreise“ und lassen Sie sich von den persönlichen Vorteilen für Ihr Unternehmen begeistern.
1. Reisevorbereitung: Kurz in die Historie einlesen
Der Startschuss für den internationalen Siegeszug von EDIFACT erfolgte im Jahr 1987. Damals hatte keine geringere Organisation als die UNO diesen branchenübergreifenden ISO-Standard veröffentlicht, der seither von jedem Unternehmen auf der Welt kostenlos genutzt werden kann. Bereits Mitte der 90er-Jahre gab es über 100 Nachrichtenarten, heute sind es sogar schon 198. Doch weniger ist manchmal auch mehr.
2. Ballast abwerfen: EANCOM wird geboren
Unter einer „Nachricht“ versteht man in der EDI-Sprache zum Beispiel Bestellungen (ORDERS), Lieferscheine (DESADV) oder Rechnungen (INVOIC). Das sind Begriffe, die immer mit sechs Buchstaben abgekürzt werden, welche sich aus dem Englischen herleiten. Diese drei Beispiele sind apropos auch diejenigen, die am häufigsten zum Einsatz kommen. Es gibt aber auch EDIFACT-Nachrichtentypen, die in der Praxis kaum genutzt werden.
Um die Praxistauglichkeit und Bedienungsfreundlichkeit zu erhöhen, kam die globale GS1-Community ins Spiel. Sie reduzierte Ende der 80er-Jahre die Anzahl der Nachrichtentypen auf 49 und kreierte daraus einen neuen Standard namens EANCOM – abgeleitet vom damaligen GS1-Firmennamen EAN Austria (EAN + Communication). Von diesen 49 Nachrichtenarten werden allein in Österreich bisher 32 umgesetzt und permanent zwischen Geschäftspartnern über die EDITEL-Plattform eXite ausgetauscht.
EANCOM ist aber nur ein Standard von mehreren, die heute weltweit verfügbar sind und bei denen das nationale und internationale GS1-Netzwerk federführend ist, wenn es um die Weiterentwicklung geht.
3. Persönliche Reiseunterlagen: Händler informiert über den Standard
Angenommen Sie sind ein kleiner oder mittelgroßer Hersteller von Obst, Gemüse oder anderen Konsumgütern und wollen ein großes Einzelhandelsunternehmen beliefern. In der Praxis wird Sie der Händler dazu anhalten, mit ihm Geschäftsdokumente wie etwa Bestellungen, Lieferavis oder Rechnungen elektronisch in einem bestimmten EDI-Standard, wie zum Beispiel EDIFACT, EANCOM oder GS1 XML, auszutauschen. Es ist fast immer dieselbe „Sprache“, in der dieser Händler auch mit den eigenen Geschäftspartnern kommuniziert.
In der Regel wird er den Standard sogar noch näher spezifizieren. Nehmen wir an, er nennt ihn „ECR EANCOM Austria Version XY“. Im ersten Moment können etliche Lieferanten mit diesen Begriffen verständlicherweise nicht viel anfangen, weil sie damit einfach noch nichts zu tun hatten. In weiterer Folge wenden sich dann deshalb viele Unternehmen vertrauensvoll an mich oder meine KollegInnen bei EDITEL bzw. werden sogar von den Händlern an uns verwiesen. Die Entscheidung für diesen Zwischenstopp ist schon mal ganz gut, denn als Partner von rund 20.000 Unternehmen kennen wir die Gepflogenheiten der einzelnen (Handels-)Unternehmen sehr genau. Den Produzenten selbst stellen wir dann v.a. eine wichtige Frage.
4. Reisecheck vor dem Start: Welches ERP nutzen Sie?
Um mit anderen Unternehmen Daten elektronisch auszutauschen, ist ein ERP-System (Enterprise Resource Planning) oder auch Warenwirtschaftssystem (WWS) eine Grundvoraussetzung. Eine wichtige Frage lautet daher: Welches ERP nutzen Sie? Die Palette ist nämlich viel größer als man auf den ersten Blick vermuten würde. Sie reicht von SAP, Oracle, SAGE, Microsoft Dynamics, BMD, Myfactory bis hin zu Odoo, um nur einige zu nennen. Gewisse Leistungsmerkmale, wie zumindest eine Import- und Exportschnittstelle, sind für EDI jedenfalls ein Muss.
Mittels Schnittstellen werden die Daten dann aus dem ERP des Produzenten exportiert und über eine sogenannte „Konvertier“-Software in die vom Handelspartner verwendete „EDI-Sprache“ umgewandelt. Durch eine virtuelle Datendrehscheibe werden die Daten dann über eine Internetleitung zu den Schnittstellen des Händlers transportiert. Dort werden sie neuerlich konvertiert und fließen mittels Schnittstellen in das ERP des Händlers ein. Dank Standardisierung der Eingabefelder bekommt der Händler genau jene Informationen, die er benötigt. Der ganze Vorgang erfolgt binnen Sekunden und es sind dabei keinerlei „Wörterbücher“ notwendig.
5. Abflug: Zuverlässige Transportmittel und große Reichweite
Als Transportmittel der Daten im gewünschten EDI-Standard („Sprache“) dient in unserem Fall, wie bereits angedeutet, eine Datendrehscheibe namens eXite. Schließlich handelt es sich nicht um „irgendwelche“ Daten, sondern um absolut zeit- und betriebskritische Informationen. Deshalb sind höchste Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit bei eXite ein Muss. Natürlich spielt auch die internationale Reichweite bei vielen Unternehmen eine wesentliche Rolle. Als „Trägermedium“ dient für gewöhnlich das Internet.
6. Kulturschock vermeiden: Andere Branchen, andere Sitten
Um noch besser auf die branchenspezifischen Bedürfnisse eingehen zu können, entwickelten sich auf Basis von EDIFACT im Laufe der Zeit auch sogenannte Subsets. Was zum Beispiel der EDI-Standard EANCOM für die Konsumgüterbranche ist, ist ODETTE oder VDA für die Automotive-Branche oder EDITEX für die Textilindustrie. Das Prinzip ist das gleiche: Der Abnehmer teilt seinen Zulieferern die gewünschte „Sprache“ mit und in dieser wird dann kommuniziert. Dazu ein Tipp: Zulieferer sind gut beraten, mit ihren Vorlieferanten ebenfalls Geschäftsdokumente elektronisch auszutauschen, was noch viel zu selten passiert. Praktischerweise sollte gleich dasselbe Datenformat verwendet werden, mit dem sie auch mit den eigenen KundInnen kommunizieren.
7. Von der Reise lernen: Ständig den Horizont bei EDI-Standards erweitern
Um den AnwenderInnen ständig neue bzw. verbesserte Standards bieten zu können, kommen regelmäßig sogenannte ECR-Arbeitsgruppen zusammen, in denen die wichtigsten Interessensgruppen repräsentativ vertreten sind. Das sind etwa Händler, Konsumgüterhersteller oder Logistikdienstleister. In diesen Gruppen wird zum Beispiel darüber beraten, welche Informationen in einer Bestellnachricht enthalten sein müssen und auf welche die Partner verzichten können.
Wie gut dieses Finden von gemeinsamen „Sprachen“ mittlerweile funktioniert, zeigt folgendes Beispiel: Mehr als 60 Länder setzen bereits auf den Elektronischen Datenaustausch auf Basis von GS1 EDI-Standards. Das Gute daran für die AnwenderInnen ist, dass sie dazu keine komplizierten Fachausdrücke oder gar Vokabeln lernen müssen, sondern die technische Abwicklung einfach einem EDI-Dienstleister übertragen können. Trotzdem ist es wichtig, die Hintergründe zu kennen, um die Bedeutung der „Sprachen“ besser zu verstehen und die ersten Schritte für die EDI-Anbindung einzuleiten.
Sie möchten nun am liebsten auch gleich eine neue Sprache, nämlich EDI, lernen und in weiterer Folge auch mit der Umsetzung starten? Hier geht´s zu den ersten EDI-Schritten. Natürlich können Sie sich auch gerne direkt mit Ihrer Anfrage bei uns melden (siehe Kontaktbox rechts).
Zur Person
Karl Cegner
Leiter Consulting & Project Delivery bei EDITEL Austria
Über EDITEL
EDI-Dienstleister EDITEL ist ein führender internationaler Anbieter für EDI-Lösungen (EDI = Electronic Data Interchange). Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Optimierung von Supply Chain Prozessen unterschiedlichster Unternehmen und Branchen.
Porträtfoto copyright Editel/Petra Spiola
Symbolfoto copyright pixabay, olilynch